1997. Baustellenlandschaft Potsdamer Platz

Im Juni 1997 war das Gelände um den Potsdamer Platz eine Mega-Baustelle mit tiefen Baugruben und Gebäuden in unterschiedlichen Fertigungsstufen.  Das Debis Haus (heute: Atrium Tower) aus einem hohen Turm und angeschlossenem Bürogebäude auf südlicher Seite sah äußerlich bereits fast fertig aus, während das Weinhaus Huth (heute: Haus Huth) und die Esplanade inmitten der Baustellen noch frei standen.

Juni 1997. Berlin. Tiergarten. Baustelle Potsdamer Platz. Weinhaus Huth und Kräne. Foto: Thomas Gade

Neben dem Weinhaus Huth ragten tiefe Spundwände in eine große Grube. Es schien wie ein Wunder, dass der Boden, auf dem es stand, unter diesen Umständen stabil genug blieb, um es zu tragen.  Die Daimler-Benz AG hatte das Weinhaus Huth erworben und in den Bauplan einbezogen, um es zu erhalten. Die oberen Etage waren vor Baubeginn bewohnt.  Sie mussten natürlich raus, was für die nötigen Schlagzeilen und ein spannendes Pokern um Abfindungen sorgte.

Juni 1997. Berlin. Baustelle Potsdamer Platz. Esplanade und Kräne. Hinten: Philharmonie. Foto: Thomas Gade

Eine behelfsmäßige Straße führte durch die verschiedenen Baustellen. Die Reste des ehemaligen Hotels Esplanade waren von Kränen umstellt. 1989 hatte Berlin es unter Denkmalschutz gestellt, eine bizarre Entscheidung. Es wurde damals noch als Restaurant und Veranstaltungsort genutzt. Der Kaisersaal und die Toiletten zeigten noch etwas von der ursprünglichen Pracht, waren aber schon recht morbide. Das Gebäude hätte abgerissen werden müssen, aber die Verantwortlichen im Berliner Senat konnten sich dazu wohl nicht durchringen.

Es kam zu einem Kompromiss. Sony baute dort sein Sony-Center und integrierte darin den alten Kaisersaal. Dazu wurde das Gebäude 1996 etwa 75 Meter verschoben. Es war eine spektakuläre Leistung, die pro Meter eine Million DM (insgesamt 75.000.000 DM) kostete. Der Frühstückssaal wurde ebenfalls erhalten und musste dafür in 500 Einzelteile zerlegt werden, um einige Meter weiter wieder aufgebaut zu werden.

Unübersehbar war das vor kurzem noch brache Gelände, auf dem ein Flohmarkt stattfand, Wagenbewohner hausten und von Berlinern für lange Spaziergänge genutzt wurde, von neuen Interessengruppen übernommen worden. Die Re-Urbanisierung war ein wichtiger Schritt zur Schließung einer innerstädtischen Lücke, die durch Zerstörungen während des Zweiten Weltkriegs und der DDR-Grenze entstanden war. Gleichzeitig zeigte dieses Projekt symbolhaft, dass Berlin sich veränderte und der Fortschritt zulasten einiger Freiräume ging.

Das Geld für die neue Bebauung musste irgendwo herkommen ebenso wie tatkräftige und entschlossene Bauherren, die zusammen diese gewaltige Baustelle mitsamt ihrer Logistik und vielfältigen Interessenslage stemmten. Mit sozialem Wohnungsbau durch die Kommune wäre das nicht zu machen gewesen. In der Rückschau zeigte der Potsdamer Platz, wie eine Gruppe kompetenter und effizienter Akteure es rasch und mit beachtlichem Ergebnis meisterte. Der Wille aller Beteiligten, fertig zu werden, spielte dabei eine große Rolle.


Hintergrundinfos zur Fotografie: Die Bilder wurden vom Dach der Info-Box mit einer Zenza Bronica GS1 Mittelformatkamera auf Fujichrome RDP II (Provia) Diafilm mit einer Empfindlichkeit von  ISO 100/21° aufgenommen. Die Kamera stand auf einem Stativ.

Das obere Foto ist aus zwei überlappenden 6×7 Aufnahmen erstellt worden und hat im Original eine hohe Detailauflösung. Das zweite Bild zeigt einen Ausschnitt aus einer 6×7 Aufnahme. Gescannt wurden der Film mit einem Epson Perfection V750 Pro Flachbettscanner mit 3200 dpi.

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