Einige brache Flächen neben der Berliner Mauer im westlichen Teil der Stadt bildeten bis Anfang der 1990er eine Art Niemandsland mit ungewöhnlichen Freiräumen inmitten einer Stadt. Neben dem nördlichen Verlauf der Köthener Straße hatte sich eine Kolonie Wagenbewohner angesiedelt, die sich Rollheimer nannten. Als Berlin gemäß ihrer Rolle als wiedererwachende Hauptstadt Deutschlands um 1995 begann, ihre Baulücken aus dem Zweiten Weltkrieg und durch den ehemaligen Grenzstreifen der DDR zu schließen, machte sie auch vor den Rollheimern nicht halt. Das freie Areal um den Potsdamer Platz war insgesamt für eine moderne Neubebauung vorgesehen und alle Proteste sowie die Einbeziehung der lokalen Tageszeitungen konnten das Aus für das Wagendorf der Rollheimer nicht abwenden. Sie mussten weichen.
„Radhaus Rollheimer Dorf. Auf nette Nachbarschaft“, stand auf Tafeln. Im Hintergrund ist das Weinhaus Huth erkennbar, das noch heute dort steht, wenn auch im viel besseren Zustand als damals.
Im Mai 1994 versuchten die Rollheimer immer noch, ein Bleiberecht zur erwirken. Vergeblich. Das war den Bewohnern der Wagen zu dem Zeitpunkt eigentlich auch bereits klar. Eine resignative Stimmung hatte sich ausgebreitet. 1994 war das letzte Jahr, in dem das große Gelände um den Potsdamer Platz so großzügig von den Bürgern genutzt werden konnte.
Rechts unten auf dem Foto ist bereits der Asphalt einer Behelfsstraße für die Bauarbeiter erkennbar. Noch herrschte Ruhe vor dem Sturm, doch ein Jahr später entfaltete sich die große Baustelle und der Zugang zum Gelände wurde Außenstehenden durch einen langen Bauzaun versperrt.
Ich war zweimal dort, um die Rollheimer zu fotografieren. Die Bilder von den Menschen in ihren Wagen oder zwei Jungen, die draußen mit einer freistehenden Badewanne spielten, sind heute aufgrund der Datenschutzvorschriften nicht ohne Risiko zu veröffentlichen. Daher verzichte ich darauf. Rückblickend war diese Wagensiedlung nicht stark im Fokus derjenigen, die damals die Veränderungen am Potsdamer Platz dokumentierten. Sie lag zu sehr am Rand und wirkte wie ein abgeschottetes Areal, das man ohne besonderen Grund nicht betrat.